Coronavirus (Covid-19) und mögliche Auswirkungen auf die Risikoprodukte der Lebensversicherer

Bei aller Dramatik und der nahezu täglichen Änderung der Nachrichtenlage soll an dieser Stelle eine erste kurze Abschätzung über die risikotechnischen Konsequenzen der Erkrankungen durch das Coronavirus  (Corona Virus Disease 2019, Covid-19)  gegeben werden. Die Abschätzung beruht auf meiner persönlichen Einschätzung und ist hier erstmal ohne Quellen aufgeführt.

Dabei gehe ich davon aus, dass im Laufe der nächsten Monate ein Großteil der Bevölkerung sich infiziert. Wie nach zahlreichen Schätzungen von Epidemiologen benannt wären dies etwa 50% bis 70% der Bevölkerung:

  • Risikolebensversicherung: Eine der offensichtlichen  Eigenschaften der Erkrankungen durch das Coronavirus ist die starke Altersabhängigkeit bei den schweren Verlaufsformen und den Todesfällen. Daneben ist die starke Abhängigkeit von Vorerkrankungen auffällig. Vermutlich  ergibt sich dabei für die Risikolebensversicherung bei aller Vorsicht nur eine überschaubare Übersterblichkeit. Die Datengrundlage ist für jüngere Personen aber aufgrund der sowieso sehr niedrigen Sterblichkeit noch dünn und muss dringend weiter verbessert werden. Mit einem typischen Endalter von ungefähr dem  50. Lebensjahr spricht derzeit viel dafür, dass die zusätzlichen Todesfälle z.B. innerhalb der Sicherheitsmargen der DAV-Tafeln liegen. Eine Verdoppelung der Sterblichkeit auch in jungen Jahren kann derzeit aber auch nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund des vermutlich zeitlich beschränkten Charakters der Pandemie sollte aber auch dieser Fall noch für Versicherer tragfähig sein.
  • Sterbegeldversicherung: Bei dem häufig ungeprüften Geschäft bis ins hohe Alter hin und den großen Beständen in der Sterbegeldversicherung, die seit Jahrzehnten verkauft worden sind, könnte Covid-19 zu einer signifikanten Übersterblichkeit 2020 und 2021 führen. Nun ist das Risiko in der Sterbegeldversicherung  im Gegensatz zur Risikolebensversicherung nicht dadurch bestimmt, ob überhaupt ein Todesfall eintritt, sondern „nur“ der Zeitpunkt. Für Abschätzungen der Risikosituation müssen diese Szenarien berechnet werden. Die Sterbegeldversicherung könnte vergleichsweise hart getroffen werden, insbesondere, da  in diesem Markt teilweise ausgesprochene Monoliner unterwegs sind.
  • Berufsunfähigkeitsversicherung: Auch wenn es vereinzelte Berichte gibt, dass Coronaviruserkrankungen langfristige Behinderungen zur Folge haben können, scheint dies derzeit ein eher untergeordnetes Risiko zu sein. Bedeutender in der Berufsunfähigkeitsversicherung dürfte die erwartete wirtschaftliche Rezession werden mit den massiven Konsequenzen für Unternehmen, Selbständige, Freiberufler und Arbeitnehmer. Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass Rezessionen und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit mit ansteigenden BU-Leistungsfällen einhergehen.
  • Grundfähigkeitsversicherung: Die im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsversicherung objektivierten Leistungsdefinitionen sollten die Korrelation zur Wirtschaftslage deutlich verringern.
  • Pflegerentenversicherung: Die erhöhte Sterblichkeit durch Covid-19 in den typischen Altersgruppen von Pflegebedürftigen wird voraussichtlich mit dabei häufig bestehenden Vorerkrankungen zu einer erkennbaren Übersterblichkeit im Vergleich zur sowieso hohen Sterblichkeit bei Pflegebedürftigen führen. Ob Pflegefälle nach überstandener Erkrankung in signifikantem Maße auftreten, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen.

Fazit

Sterbegeldversicherungen und  Berufsunfähigkeitsversicherungen dürften am ehesten Folgen von Covid-19 spüren. In beiden Risikoarten sollte die Belastung aber nicht existenzgefährdend für einen Versicherer sein. Hier dürfte eher die allgemeine Wirtschaftslage und ein Einbruch im Neugeschäft zu einer Belastung werden.

Ergänzung vom 27. März 2020

Falls eine Vielzahl an Erkrankten, Krankenhauspatienten und schweren Verlaufsformen das Gesundheitssystem in Deutschland überfordern, wird sich die Qualität der allgemeinen gesundheitlichen Versorgung verschlechtern. Dies kann dann auch in allen oben aufgeführten Risikoprodukten zu einem Anstieg der Leistungszahlen führen.

Ergänzung vom 3.4.2020

Wie die folgenden Beiträge im Blog ausführen, ist aufgrund der ersten Datengrundlage aus China eventuell doch auch für jüngere Alter mit einer deutlichen Übersterblichkeit zu rechnen. Insofern müssen die Aussagen oben zur Risikolebensversicherung etwas abgeschwächt werden. Andererseits ist – wie geschrieben – ein einjähriger Schock sowohl eingepreist als auch in verschiedenen Modellannahmen berücksichtigt und sollte für alle Versicherer tragfähig sein.